Live-ticker für alle Shows und Neuigkeiten
12/01 Freitag
15:00 Uhr
Gucci
Sabato de Sarno präsentierte uns seine erste Menswear Show bei Gucci. Nach der Ära von Alessandro Michele, die von auffälligen Patchwork-Designs geprägt war, erleben wir nun luxuriöse Sexiness. Die Kollektion strahlt Eleganz und Zurückhaltung aus, wobei insbesondere die Accessoires im Vordergrund stehen: faszinierende Falttaschen, Ketten, Handschuhe und Krawatten spielen eine bedeutende Rolle.
Die Kleidungsstücke, insbesondere die Mäntel, präsentieren aufregende Stoffe. Die Silhouetten bleiben weiterhin oversized, aber besonders bei den Hosen bemerkt man einen Trend zu enger anliegender Kleidung. Farblich bietet die Kollektion eine abwechslungsreiche Mischung aus grellen und dunklen Tönen, die Parallelen zu Alessandro Micheles Debüt-Show ziehen lassen.
Das neue Gucci fügt sich perfekt in die bevorstehende minimalistische Modewelt ein. Gucci wird wieder sexy, und darauf können wir uns freuen. Zwar stellt die Show möglicherweise noch keine endgültige Position dar, da Sabato de Sarno die Kollektion wahrscheinlich nicht ganz allein konzipiert hat und Alessandro definitiv noch Einfluss hatte. Dennoch lässt sich die Richtung, in die Gucci steuert, erkennen.
20:00 Uhr
Dsquared2
Letztes Jahr hat die Frühjahr/Sommer-Show von Dsquared2 genau den Y2K-Trend getroffen. Die Aufregung vor der diesjährigen Show war entsprechend groß: Welche Richtung wird Dsquared2 einschlagen, nachdem der Y2K-Trend scheinbar vorbei ist? Werden sie sich weiterhin an diesem Trend festhalten und möglicherweise schneller in Vergessenheit geraten, als sie aufgetaucht sind?
Die neue Show präsentiert den ersten Fall, und das auf eine eindeutige Art und Weise: Models laufen in schmutzigen, alten Vintage-Klamotten durch einen "Transformator" und erscheinen dann in einem super stylischen Outfit. Die Show macht Spaß beim Anschauen und ist wirklich gut inszeniert worden.
Die "dreckigen" Looks repräsentieren den Dsquared2 Y2K-Look, allerdings scheint er angepasster zu sein. Mehr experimentell und nicht so einfach gelöst wie zuvor. Die "sauberen" Looks zeigen uns Retro-Klassik mit einer versteckten Erotik und Coolness. Sie passen gut ins Gesamtbild. Der Stil ist chic, aber retro/Y2K. Insgesamt ist die Show hervorragend gestaltet.
Der Twist mit dem Transformieren macht die Präsentation spannend anzusehen. Auch in Bezug auf die Outfits hatte die Show einiges zu bieten: Wir erhalten einen Einblick, wie sich Dsquared2 anpassen kann, ohne dabei ihren eigenen Touch zu verlieren.
13/01 Samstag
14:00 Uhr
Fendi
Die letzte Spring Menswear Collection von Silvia Venturini Fendi wurde als eine spannende Kollektion bezeichnet. Die neu eröffnete Lederfabrik von Fendi außerhalb von Florenz bildete das Szenario für diese Eröffnung, was der Show einen besonderen Touch verlieh. Ein halbes Jahr später nimmt die Menswear Show erneut an der Mailänder Fashion Week teil.
Die Kollektion, bestehend aus 57 Looks, wirkt auf den ersten Blick dem Zeitgeist entsprechend. Minimalistisch gehaltene Designs, Mäntel, Wolle und ab und zu eine Lederjacke. Farblich dominieren viele Brauntöne, das neue Trend-Blau und burgunderrot, die Farbe, die wir im kommenden Herbst wohl häufiger sehen werden.
Doch Aufreger gibt es in dieser Show nur wenige. Ein Beispiel ist die Kord-Lederjacke als letzten Look oder die in der Mitte eingestreuten rosa-roten Lederjacken, die Erinnerungen an die Leder-Bomberjacke von Prada wecken.
Insgesamt eine gelungene Kollektion, aber sie passt zur Inspirationsquelle von Silvia Venturini Fendi, nämlich Nichts. Silvia Venturini erklärte, dass ihr Designweg von Kollektion zu Kollektion geht und sich nicht direkt an externen Quellen inspirieren lässt. Und dies zeigt sich – es ist eine consumerfreundliche Kollektion ohne viel Wow.
19:00
Emporio Armani
"Man muss sich nicht selbst ändern, wenn sich einfach alle anderen in deine Richtung verändern." Dieser Satz fasst die neue Armani-Show treffend zusammen. Die Präsentation zeigt die Entwicklung der Marke unter der Leitung des italienischen Designers. Die unglaublichen 114 Looks wirken bekannt, aber dennoch aufregend.
Die Kollektion erzählt mehrere Geschichten hintereinander, was zu einem faszinierenden Aufeinandertreffen von Inspirationen führt. Die erste Geschichte handelt von Seemännern und Frauen. Es laufen Segellooks an uns vorbei, die einen Retro Armani Vibe verbreiten. Trotzdem wirken alle Looks in der heutigen Welt tragbar.
Der blaue Segler-Look wird dann immer grauer, bis wir schließlich eine Grau-Beige Übergangsphase haben, die uns schlussendlich zu den weißen Ski-Looks führt. Das Thema passt natürlich perfekt für eine Herbst/Winter-Show, und Giorgio schafft es perfekt, die Vintage- und moderne Skiszene zu kombinieren.
Die weißen Looks werden immer dunkler, bis wir nur noch schwarze Anzug-Looks vor uns haben. Diese verwandeln sich dann ins noch Extremere und werden mit einer Leder-Garderobe kombiniert.
Das Extreme zerfällt wieder, die Farben werden heller, und in der Dunkelheit kommen die Sterne zum Vorschein. Auf der schwarzen Anzug-Garderobe entstehen plötzlich immer mehr Eiskristalle, bis der letzte Look, vollständig von diesen Kristallen bedeckt ist.
Schlussendlich lässt sich einfach nur sagen, dass diese Kollektion fantastisch ist. Giorgio präsentiert uns eine spannende Reise durch seine Karriere und schafft es, diese Reise mit tragbaren, konsumentenfreundlichen Kleidungsstücken zu erzählen.
14/01 Sontag
10:00 Uhr
Simon Cracker
In der Pressemitteilung für die neue Herbst/Winter-Kollektion von Simone Botte und Filippo L.M. heißt es: 'Die Welt ist hektisch, es gibt zu viel Lärm, dieses Mal haben wir uns entschieden, einen anderen Gemütszustand zu vermitteln.'" Revolution durch Schlaf, so lautet die Devise der beiden jungen italienischen Designer. Die Kollektion lässt sich von dem Moment kurz vor dem Einschlafen inspirieren.
Die Looks spiegeln dieses Gefühl wider. Die Farbpalette wird geprägt von matten und pastellrosa sowie lilafarbenen Tönen, kombiniert mit dunklen Grau- und Brauntönen. Die Musik wirkt ruhig, mit einem Hauch von Punk. Die Models laufen entspannt und langsam. All dies verleiht der Show das perfekte Setting für das bezaubernde Gefühl kurz vor dem Eintreten in die Traumwelt. Wenn die einzelne Perle, der Mond, verschwimmt und man plötzlich unendlich viele davon sieht. Wenn die Silhouetten zerlaufen. Wenn wundervolle Farbmischungen im Kopf entstehen.
Simon Cracker zeigt uns diesen Moment und nutzt dabei Upcycling-Looks, um den im Schlaf liegenden Kleidungsstücken ein neues Leben zu verleihen. Die Marke stellt aber auch klar, dass dieser Prozess nicht aus trendorientierten Gründen entschieden wurde, sondern vielmehr aus ethischer Vernunft. Insgesamt ist es eine spannende Kollektion, die den Zuschauern nach einer stressigen Fashion Week-Woche etwas Ruhe und Zuflucht bietet. Wir sind gespannt, wohin es für dieses junge Label geht.
16:00 Uhr
Prada
Die Businesswelt trifft auf die Natur – ein Gedanke, von dem man nur träumen kann. Prada zeigt uns, wie es aussehen würde, wenn das Aushängeschild des Kapitalismus auf das größte Opfer von ihm treffen würde.
Das Setting spiegelt, wie auch sonst, einen Büroraum wider. Doch dieser steht auf Naturboden. Bürostühle und Schreibtische stehen auf einer Waldwiese, nur getrennt von einer Glasscheibe. Der von oben nach unten schauende Kapitalismus spiegelt sich hier auf anschauliche Art und Weise wider. Das Setting ist perfekt getroffen, und gerade beim Betrachten des Livestreams verstärkt sich die Ironie: Influencer, die nur in Berührung mit der Natur kommen, wenn eine Glasscheibe dazwischen ist.
Doch bis auf das unglaublich gut gelungene Setting war es das schon mit den Aufregungen dieser Kollektion. Die Looks wirken nicht wirklich interessant. Wir sehen Prada mit den gelungenen Farbkombinationen und der wiedererkennbaren Silhouette. Aber was dieser Kollektion fehlt, sind die Details, das Spielerische. Gerade bei so einer spannenden Symbiose reichen Schwimmkappen als Kopfbedeckungen (die übrigens 2024 endgültig im Trend sein werden) nicht aus, um diese Show aufregender zu gestalten. Silhouetten technisch wird uns nichts Neues geboten, farbtechnisch wird uns nichts Neues geboten, und die wenigen Accessoires reichen nicht.
So lässt sich sagen: Die Show ist auf gar keinen Fall schlecht, jedoch in keiner Weise mehr als eine 2-. Nach dieser Kollektion kann man sich wirklich fragen, ob man wirklich jede Saison eine neue Kollektion braucht, wenn jede zweite davon langweilig ist. Die Enttäuschung über diese misslungene Kollektion wird noch größer, wenn man an die verdiente Nominierung von Raf und Miuccia als Beste Modedesigner 2023 denkt.